Felix Draeseke: Sammlung Heinz Ebert [Band IIA; Seiten 191-194,196]
Heinz Ebert: Draeseke, Liszt und Wagner. Begegnungen mit großen Männern seiner Zeit.
Ein Beitrag zum 50. Todestag Felix Draesekes

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Heinz Ebert: Draeseke, Liszt und Wagner. Begegnungen mit großen Männern seiner Zeit. Ein Beitrag zum 50. Todestag Felix Draesekes
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Heinz Ebert: Draeseke, Liszt und Wagner

Draeseke, Liszt und Wagner

Begegnungen mit großen Männern seiner Zeit.

Ein Beitrag zum 50. Todestag Felix Draeseke's
von Heinz Ebert


Mit den großen Komponisten seiner Zeit stand Felix Draeseke Jahrzehnte in einem freundschaftlichen Verhältnis. Für seinen guten Freund Franz Liszt, den er 1857 in Leipzig kennenlernte, setzte er sich in. Aufsätzen sowohl für den Klaviervirtuosen als auch für dessen Kompositionen ein. Als Fürstin Karoline Wittgenstein dem jungen Draeseke wegen einer Reihe von Aufsätzen über Liszt's symphonische Dichtungen anerkennend schrieb, bezeichnete er in seiner Antwort (1857) diese "der Größe der besprochenen Werke gegenüber so wenig erschöpfenden Artikel" als "nur notwendig, als einen Akt der Pflichterfüllung, der Dankbarkeit gegen den großen Meister", "welchem ich", so bekannte er, "mein klares musikalisches Bewußtsein, meine neu-gewonnene künstlerische Zuversicht auf Sieg und bessere Zeiten verdanke".

Im Sommer 1858 besuchte Draeseke Liszt in Weimar. Draeseke schrieb darüber selbst u.a.: "Als die Hauptsache erschien mir natürlich, was Liszt zu meiner ersten Oper "König Sigurd" sagen würde. Da erlebte ich nun allerdings, besonders was den ersten Akt betrifft, sehr viel Schönes. Wir saßen im großen Musikzimmer Liszt's und ich hämmerte mit meinem geradezu schrecklichen Klavierspiel in höchster Unverfrorenheit dem gewaltigen Meister des Klaviers meinen ersten Akt vor. Liszt ließ sich über den 1. Akt geradezu enthusiastisch vernehmen. Mehrere Abschnitte mußte ich zweimal vorspielen; als wir am Ende des 1. Aktes angelangt waren, sagte mir Liszt in herzlich vertrauter Weises "Ich kann sagen, daß nach den Wagner'schen Opern mir nichts einen so frischen und bedeutenden Eindruck gemacht hat als dieser Akt."

Weiter trat Felix Draeseke durch Vermittlung Liszts Richard Wagner näher. Von Weimar aus schrieb unter dem 19. Juli 1859 Liszt an Wagner in Luzern:

"Lieber Richard!
Mein vortrefflicher Freund Felix Draeseke begibt sich zu Dir. Nimm' ihn freundlich auf als einen unserer Lieben und enthülle ihm Deinen Nibelungenhort, den er mit Herz und Seele zu beschauen würdig ist ......
Dein
Franz."

Von Draeseke selbst waren Wagner einige Zeilen zugegangen, worauf dieser am 24. Juli antwortete:

"Lieber Herr Draeseke!
Die Dauer meines hiesigen Aufent­haltes hing mit der Vollendung meines "Tristan" zusammen. Mit dieser Arbeit bin ich nun in 10 Tagen gänzlich fertig. In spätestens 14 Tagen verlasse ich Luzern und gehe nach Paris. 4 Monate lebte ich hier in der größten Einsamkeit. Ihre Anwesenheit würde mir sehr erwünscht gewesen sein. Ist Ihnen die Zeit nicht all zu kurz, so kommen Sie jetzt schnell nach. Wir bestiegen dann noch den Pilatus zusammen. Oder ist Ihnen Paris recht? Dort bliebe ich für's nächste. Lassen Sie mich wissen, wozu Sie sich entschieden, und seien Sie versichert, daß Sie mir hier und dort - auf kürzer oder länger - willkommen sein werden.
Ihr ergebener
Richard Wagner."

Kurz entschlossen fuhr Draeseke Ende Juli nach Luzern zu dem großen Meister. Er durfte die Vollendung der Oper "Tristan und Isolde" miterleben. - Eines Abends empfängt ihn Wagner mit den Worten: "Warten Sie noch einen Augenblick, eben wird der "Tristan" fertig!" - Draeseke kann dabei sein und darf zusehen, wie Wagner die letzten Takte schreibt, wie das Anfangsmotiv in den verklärenden Schlußakkord ausklingt. Die Partitur überschauend, bemerkt und fragt er, warum die Baßtuba am Schluß nicht mitspiele. Wagner gibt ihm kurz die Antwort: "Was soll denn das alte Luder noch mitgrunzen?!" Wagner seinerseits gewann einen Einblick in das Schaffen Draesekes.

Über diese Begegnung mit Wagner schreibt Draeseke folgende bemerkenswerten Notizen: "In rein musikalischer Beziehung erfuhr ich sehr große Anregungen. Wagner teilte mir Vieles aus den "Nibelungen" mit. Siegfried war nach ihm der Glückliche, der die Welt nicht versteht, Wotan dagegen der eigentliche Held, der sieht, daß Änderungen mit Notwendigkeit eintreten müssen und hierbei die Leitung übernehmen möchte, sich dabei aber immer täuscht, weil er nichts Neues schaffen kann, sondern sich stets selbst reproduziert. Um diesen Hauptgedanken des Werkes klarzustellen, hat Wagner die urinendlich große Szene des 2. Aktes der "Walküre" für nötig gehalten und ist nach erfolgter Aufführung des Werkes mit Vorliebe und Nachdruck auf eben diese Szene zurückgekommen.

Schließlich gab er mir eine Aufklärung über Melodie, die meine musikalische Anschauung gänzlich verändert und mir mehr Nutzen gewährt hat; als der gesamte Unterricht, den ich auf dem Leipziger Konservatorium genossen habe. Ganz unvorhergesehenerweise, und ich weiß auch nicht, wodurch veranlaßt, fing er an einem sehr heißen Augustnachmittag einmal an, den ersten "Satz der Ervika (3. Symphonie Beethovens) zu singen, geriet in einen furchtbaren Eifer, sang immer weiter, wurde sehr heiß, kam ganz außer sich, hörte aber nicht auf, als bis er an den Schluß des 1. Teils gekommen war.

"Was ist das?" schrie er mich an, worauf ich natürlich sagte: "Die Ervika!" "Nun, ist denn die blanke Melodie nicht genug? Müßt Ihr denn da immer Euere verrückten Harmonien dabei haben?" Im Anfang war mir nicht klar, was er damit beabsichtigte; als er dann aber in ruhiger Weise auseinandersetzte, daß der melodische Fluß in den Beethoven'schen Symphonien unversiegbar daherströme und man sich an Hand dieser Melodie die ganze Symphonie deut­lich ins Gedächtnis rufen könne, gab er mir einen Anstoß zum Nachdenken, der meine eigene Produktion sehr beeinflußt hat.

Felix Draeseke gehörte zu den besten Musikern Deutschlands. Seine 'Symphonien, in denen er die Tradition der klassiechen Musik zu einer eigenartigen Verbindung mit den Ten­denzen der neudeutschen Schule fortentwickelte, gehören zu den merkwürdig interessantesten Schöpfungen, besonders die "Sinfonia tragica". Daß der Erfolg nicht so stark war, wie es der Gesinnung und dem Können Draesekes entsprochen hätte, liegt vielleicht an dem Überwiegen des Gedanklichen über die Erfindung, einem Zuge, der durch Draesekes ganze Kunst geht.

Am Sonnabend, den 6. April 1963 - 20.00 Uhr, findet im Kongreßhaus ein Künstlerkonzert zum Gedenken des 50. Todestages Felix Draesekes statt. Den Abend veranstaltet der "Sämgerkranz Coburg" unter Leitung von Prof. Hans Hein. Die Schirmherrschaft hat Herr Oberbürgermeister Dr. Langer. Dieses Konzert wird einen kleinen Einblick in das kammer­musikalische Schaffen des in Coburg geborenen Meisters ver­mitteln und für alle Musikliebhaber ein großes Erlebnis werden

H. Ebert



Heinz Ebert
8632 Neustadt b.Cbg.           Neustadt, den 20. März 1963
Ludwig-Jahn-Str. 3

An die
Redaktion
"Coburger Tagblatt"
863 Coburg
Mohrenstraße

Betreffs 50. Todestag Felix Draeseke' s.

Sehr geehrte Herren!

Am 6. April 1963 findet im Kongreßhaus ein Konzert zum Gedenken des 50. Todestages des Coburger Komponisten Felix Draeseke statt. Die Schirmherrschaft über diesen Abend hat Herr Oberbürgermeister Dr. Langer über­nommen. Das Konzert veranstaltet der "Sängerkranz Coburg" unter Leitung von Prof. Hans Hein.

Ich würde mich freuen, in der Woche vom 1. - 6. April als Beitrag zum 50. Todestag und Hinweis auf das stattfin­dende Konzert den Artikel: "Draeseke, Liszt und Wagner", sowie die Grußworte von Ernst Hauck zu veröffentlichen.

Hochachtungsvoll
Heinz Ebert

Anlagen

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